Die Finkenwerder Brücke befindet sich im westlichen Bereich des Hafengebietes, westlich der A7 und nördlich des Bahnhofteils „Alte Süderelbe“. Das Bauwerk ist Bestandteil des Finkenwerder Rings und überführt die Finkenwerder Straße über Gleisanlagen der Hafenbahn. Diese Gleisanlagen sind insbesondere die einzige Bahnanbindung zu den Containerterminals Hamburg (CTH) und Burchardkai (CTB). Die drei elektrifizierten Hauptgleise weisen im Planungsgebiet eine Vielzahl von Weichenverbindungen auf, die teilweise direkt unter der Finkenwerder Brücke liegen. Im Bereich der Brücke ist die Finkenwerder Straße sechs-spurig und der Straßenverkehr wird in gleicher Fahrtrichtung von Ost nach West überführt. Die Finkenwerder Straße gehört zu den am stärksten belasteten Straßenabschnitten im Hafengebiet.
Die alte Finkenwerder Brücke war im Jahr 1970 in Stahlbetonbauweise errichtet worden und bestand aus zwei Teilbauwerken. Die beiden 2-feldrigen Stahlbetonüberbauten waren als Plattenbalkenbrücken ausgeführt und ruhten auf tiefgegründeten gemeinsamen Widerlagern und wurden jeweils durch einen Mittelpfeiler unterstützt. Aufgrund der fehlenden Torsionssteifigkeit der Plattenbalken waren die beiden Überbauten über den Mittelpfeilern durch einen gemeinsamen Mittelquerträger miteinander verbunden. Im Grundriss folgten die Überbauten der Straßenführung und waren daher gekrümmt. Die Krümmung wurde durch die Fahrbahnplatte realisiert. Die Längsträger aus vorgespannten Betonbalken waren in sich gerade. Am Bestandsbauwerk wurden seit etwa 1980 fortschreitende Rissbildungen festgestellt. Diese sind auf Alkali-Kieselsäure-Reaktionen im Beton (sogenannten Betonkrebs) zurückzuführen. Das alte Bauwerk unterlag bereits seit 2012 einem regelmäßigen Monitoring. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2014 zeigte zudem, dass die Alkali-Kiesel-Reaktion weiter fortschritten und absehbar zu weiteren Schäden und damit zu Einschränkungen der Standsicherheit und Nutzung der Brücke geführt hatten. Um den zukünftigen verkehrlichen Anforderungen nachhaltig gerecht zu werden, war daher ein Ersatzneubau an gleicher Stelle erforderlich.
Randbedingungen
Um den Schienen- und Straßenverkehr über die Gesamtbauzeit aufrechtzuerhalten, wird die alte Finkenwerder Brücke in zwei aufeinander folgenden Bauabschnitten erneuert. Während der gesamten Bauzeit sollen dem Straßenverkehr grundsätzlich durchgängig drei Fahrspuren der Finkenwerder Straße zur Verfügung stehen.
Im ersten Schritt wurde von Anfang 2022 bis Anfang 2024 das südliche Teilbauwerk erneuert. Der Straßenverkehr wurde in dieser Zeit über den nördlichen Teil der bestehenden Finkenwerder Brücke an der Baustelle vorbeigeführt. Nach ihrer Fertigstellung wurde der Straßenverkehr auf die neue südliche Brücke umgelegt.
Im zweiten Schritt wurde der nördliche Teil der bestehenden Brücke bis Mitte 2024 vollständig abgebrochen. Damit war der vollständige Abbruch der alten Finkenwerder Brücke erfolgreich abgeschlossen. Seitdem erfolgt der Ersatzneubau der nördlichen Brücke, der bis Ende 2025 abgeschlossen sein soll.
Die Baudurchführung machte es unumgänglich, die Finkenwerder Brücke an mehreren Wochenenden, verteilt über die dreieinhalbjährige Bauzeit, vollständig für den Straßenverkehr zu sperren. Während der Vollsperrung der Finkenwerder Straße im Brückenbereich wurde der Verkehr vollständig über den südlichen Teil des Finkenwerder Rings abgewickelt. Für den abschnittsweisen Brückenabbruch und den Einschub der Brückenüberbauten müssten die unterquerenden Gleise ebenfalls zeitweise außer Betrieb genommen werden. Um die Einschränkungen für die Hafenwirtschaft weitgehend zu reduzieren, wurden für die jeweils mehrtägigen Gleis-Sperrpausen vorrangig die Oster- und Pfingsttage 2022 und 2024 genutzt.
Die bestehende Brücke wird vollständig abgebrochen und durch einen Neubau an gleicher Stelle ersetzt. Zusammen mit den Brücken werden auch die östlich und westlich angrenzenden Abschnitte der Finkenwerder Straße erneuert und an die neue Brücke angepasst. Der gesamte Ausbaubereich umfasst ca. 230 m.
Der Neubau besteht aus zwei Teilbauwerken, die mit zwei Brücken unterschiedlicher Stützweite hergestellt werden. Die stählernen Überbauten werden als einfeldrige Stabbogenbrücken mit orthotroper Fahrbahnplatte errichtet. Die Stützweiten der Überbauten und die Schiefwinkligkeit der Widerlager richten sich nach den zu querenden Gleisanlagen der Hafenbahn.
Stützweite Überbau Nord
ca. 48 m
Stützweite Überbau Süd
ca. 60 m
Die Gesamtbreite des Bauwerkes
ca. 38 m
Anzahl der Fahrspuren je Überbau
3 Fahrspuren à 3,5 m Breite
Breite des kombinierten Geh- und Radwegs je Überbau
2,65 m
Bauzeit:
Die gesamte Bauzeit beträgt ca. 4 Jahre, vom I. Quartal 2022 bis IV. Quartal 2025.
1. Bauabschnitt 1. BA: I. Quartal 2022 bis I. Quartal 2024
2. Bauabschnitt 2. BA: I. Quartal 2024 bis IV. Quartal 2025
Ein wesentlicher Bestandteil der Neubauleistungen ist der Einbau der neuen Stabbogenbrücken aus Stahl.
Im Zuge der ersten Bauphase (Ersatzneubau südliche Finkenwerder Brücke) wurde die ca. 600 t schweren Stahlbrücke mittels eines großen 600-Tonnen-Raupenkrans und unter Einsatz mehrerer selbstfahrender Plattformwagen (SPMTs) sowie eines sogenannten Litzenhubsystems von einer seitlich abgesetzten Vormontagefläche an ihren Einbauort oberhalb der neu erstellten Brückenwiderlager geschoben.
Nach der Durchführung des Straßenbaus konnte die neue südliche Finkenwerder Brücke Mitte März 2024 für den Straßenverkehr freigegeben werden. Sie überführt seitdem drei Fahrspuren der Finkenwerder Straße über die elektrifizierten Gleise der Hafenbahn und leitet den Straßenverkehr von Osten nach Westen an der Baustelle zur Erneuerung der nördlichen Brücke vorbei. Im Sommer 2024 wurde die bestehende nördliche Brücke inkl. Unterbauten vollständig abgebrochen. Im direkten Anschluss erfolgte die Herstellung der Gründung des neuen nördlichen Teilbauwerks. Derzeit erfolgt die Herstellung der neuen Brückenwiderlager und in Kürze beginnt die Vormontage der neuen nördlichen Stahlbrücke. Deren Einbau ist für Anfang August 2025 vorgesehen. Gemäß jetzigem Planungsstand soll nach Abschluss der nachfolgenden Straßenbauarbeiten die Verkehrsfreigabe des erneuerten Gesamtbauwerks bis Ende 2025 stattfinden.